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Berlin, 27.07.2017

Thema 'Landshut': 'Dornier-Museum' und BILD-Zeitung suchen gemeinsam nach Spendern: Eine gute Idee?

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In der heutigen „BILD‘-Zeitung kann man lesen: „Auf dem Gelände des Luft- und Raumfahrtmuseums in Friedrichshafen (Bodensee) wird die „Landshut“ anschließend durch Fachleute der Lufthansa restauriert und – mit finanzieller Unterstützung der Dornier-Stiftung – im Luftfahrt-Museum der Stiftung ausgestellt. (…) Für die Ausstellung sucht die Dornier-Stiftung – mit Unterstützung von BILD – noch Spender.“

Auf Anfrage des SÜDKURIER hat sich unser Fraktionsvorsitzender, Achim Brotzer, wie folgt geäussert:

"Meine bescheidene persönliche Meinung dazu ist, ohne dass ich hier der Diskussion in unserer Fraktion vorgreifen will oder kann: Konkrete Details nebst durchdachter Klärung der Finanzierungsfragen bezüglich eines – wie und von wem auch immer angedachten – „Konzepts“ lassen sich der BILD Berichterstattung nebst dortigen Kommentaren nicht entnehmen.

Meiner Meinung nach handelt es sich bei der Landshut' nicht um ein beliebiges Event- geschweige denn Sensationsobjekt zu kommerziellen Zwecken. Das Thema gehört in die Verantwortung des Bundes. Es läge im Interesse der Bundesrepublik Deutschland und damit der zuständigen Behörden der Bundesregierung mit dem Thema im anspruchsvollen Gesamtkontext verantwortungsvoll umzugehen.

Das Thema schlicht in die Hände "privater Interessenten" zu geben und den Fortgang sowie das Konzept der "Präsentation" von „Spendern“ abhängig zu machen“, weil der Bund die damit zwangsläufig verbundenen Kosten nebst dauernden Zuschussbedarf scheute, wäre meiner persönlichen Meinung nach wenig verantwortungsvoll und widersprüchlich. Wer A sagt muss auch B sagen.

Wenn das Dornier-Museum – nunmehr offenbar mit Unterstützung durch die BILD-Zeitung – auf die Suche nach „privaten Spendern“ gehen will geht es dabei im Kern um eine unternehmerische und museale Entscheidung der ‚Dornier-Stiftung‘ als Träger des Dornier-Museums, auf die die Stadt Friedrichshafen grundsätzlich nicht einwirken kann und m.E. auch nicht einwirken sollte.

Städtische – also öffentliche - Mittel und/oder finanzielle Ressourcen der Zeppelin-Stiftung sind aus meiner Sicht an anderer Stelle sinnvoller und besser eingesetzt. Für eine Finanzierung des Projekts durch Mittel der Stadt Friedrichshafen oder der Zeppelin-Stiftung würde ich persönlich mich nach wie vor nicht einsetzen.“

Weitere Fragen zum Thema stellte die Schwäbische Zeitung den Fraktionsvorsitzenden am 13.07.2017:

1) Welche historische Bedeutung für die Geschichte der Bundesrepublik und des „Deutschen Herbst“ messen Sie der Landshut als Mahnmal zu?

Antwort Achim Brotzer: Zwar hat der Bund das Flugzeugwrack der 'Landshut' gemäß den Worten des amtierenden SPD-Außenministers Sigmar Gabriel als "lebendigen Zeitzeugen" gekauft, um die Maschine vor der Verschrottung zu bewahren. Unter einem "Mahnmahl" versteht man jedoch gewöhnlich ein "Denkmal, das etwas im Gedächtnis halten soll, von dem zu hoffen ist, dass es sich nicht wieder ereignet". Die "Mahnmalseigenschaft" einer 60 Tonnen schweren und 30 Meter breiten Boeing-737 liegt m.E. schon deswegen nicht nahe, weil Mahn- und Denkmale in der Regel an den Ort des Geschehens knüpfen und dort errichtet zu werden pflegen, wo "Geschichte" sich unmittelbar zugetragen hat. Der sog. "Deutsche Herbst" des Jahres 1977 war jedoch ein an vielen verschiedenen Orten spielender Abschnitt der Geschichte des Linksterrorismus und der "Rote Armee Fraktion" - RAF: Dieses anspruchsvolle Thema des Kampfes zwischen RAF, Staat und Gesellschaft der damaligen Bundesrepublik hat Wurzeln bis in die Zeit der Studentenunruhen 1968/69 und verdient einen verantwortungsvollen Umgang im gesellschaftspolitischen Kontext. Der damit zwangsläufig verbundenen Komplexität allein mit der "Landshut" als "Mahnmal" gerecht werden zu wollen, griffe meiner persönlichen Einschätzung nach viel zu kurz und dürfte deshalb schwer fallen. Die Maschine wurde auch nach ihrer Entführung im Jahre 1977 bis 2008 nicht von ungefähr weiter im Flugverkehr eingesetzt, zuletzt als Frachtmaschine, ohne dass irgendjemand auf die Idee kam, es könne sich um ein "Mahnmal" oder "Denkmal" handeln.

2) Halten Sie die Idee, die „Landshut“ in Friedrichshafen dauerhaft auszustellen, für wünschenswert oder lehnen Sie diese ab?

Antwort Achim Brotzer: Meiner persönlichen Überzeugung nach eignet sich die 'Landshut' eher nicht für eine Auf- oder Ausstellung in Friedrichshafen.

Zwar war die gescheiterte Flugzeugentführung ein dramatischer Mosaikstein im übergreifenden Gesamtgeschehen: Im September 1977 kidnappte und ermordete die RAF den Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer. Palästinensische Terroristen entführten zusätzlich die Lufthansa-Maschine "Landshut" und ermordeten den Piloten, um ihre Entschlossenheit zu demonstrieren. Der deutsche Staat blieb hart. Am 18. Oktober 1977 stürmte die Bundesgrenzschutz-Spezialeinheit GSG 9 die Maschine in Mogadischu und befreite die Geiseln. Die RAF verfehlte damit ihr Ziel , die in Stuttgart-Stammheim inhaftierten RAF-Mitglieder um Baader, Ensslin und Raspe freizupressen. Diese verübten in ihren Zellen Selbstmord. Kurz darauf wurde im Kofferraum eines Autos im Elsaß die Leiche Hanns-Martin Schleyers gefunden.

Meiner Meinung nach handelt es sich bei der Landshut' nicht um ein beliebiges "Sensationsobjekt" zu kommerziellen Zwecken. Ich halte es deshalb umso mehr für eine Angelegenheit des Bundes. ...

3) Wie würden Sie sich eine Finanzierung des Projekts vorstellen?

Antwort Achim Brotzer: Das ist ebenfalls Sache des Bundes. Zuständig ist die Bundesregierung. Das Außenministerium und der Bund - also der Staat - sollten sich bei Verwendung der für den Erwerb aufgewandten Steuergelder etwas überlegt haben.

4) Was würde eine Ausstellung der Maschine, nach Auffassung ihrer Fraktion, der Stadt für a) Vorteile b) Nachteile bringen?

Antwort Achim Brotzer: Einer etwaigen Diskussion in der CDU Fraktion kann und will ich nicht vorgreifen. Das Thema steht im o.g. anspruchsvollen Gesamtzusammenhang, eignet sich nicht für kommerzielle Zwecke und gehört m.E. nicht nach Friedrichshafen sondern nach Berlin.

5) Können Sie sich vorstellen, dass sich die Stadt Friedrichshafen bzw. die Zeppelin-Stiftung bei der Finanzierung des Projekts in irgendeiner Weise engagieren?

Antwort Achim Brotzer: Ohne auch hier einer Diskussion in der CDU Gemeinderatsfraktion vorgreifen zu können: Städtische Mittel und Ressourcen der Zeppelin-Stiftung sollten aus meiner persönlichen Sicht an anderer Stelle sinnvoll und besser eingesetzt werden. Für eine Finanzierung des Projekts durch Mittel der Stadt Friedrichshafen oder der Zeppelin-Stiftung würde ich mich nicht einsetzen.

6) Können Sie sich vorstellen, eine private Finanzierungskampange für das Projekt politisch zu unterstützen?

Antwort Achim Brotzer: Das Thema halte ich wie gesagt für eine Sache der Bundesregierung und deshalb gehören auch die Finanzierungsfragen nach Berlin.

7) Können Sie sich vorstellen, das Projekt in Friedrichshafen außerhalb des Dornier-Museums zu verwirklichen?

Antwort Achim Brotzer: Ich persönlich kann mir das nicht vorstellen.


Bericht zu diesem Thema: www.swr.de


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