Wohnraum für die Mittelschicht: CDU Fraktionsantrag im vollen Wortlaut!
Antrag:
Städtische Grundstücke sollen an städtische Wohnungsbauunternehmen (SWG, Zeppelin Wohlfahrt) in dem Fall veräußert werden, dass diese bereit sind, darauf bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, der gerade auch Haushalten mit sog. „mittleren Einkommen“ zu Gute kommen kann, auch wenn sie die Einkommensgrenzen für „preisgebundenen Wohnraum“ nicht erfüllen oder die gesetzlichen Anforderungen für die Erteilung von „Wohnberechtigungsscheinen“ überschreiten.
Das dient dem Ziel „der Versorgung breiter Bevölkerungsschichten mit Wohnraum“ und soll deshalb ebenfalls und analog zu den vergünstigten Veräußerungsbedingungen des Gemeinderatsbeschlusses vom 2. März 2015 erfolgen (SV 2015/345).
Das Nähere soll ein Konzept „Ausgewogenes Angebot für bezahlbare Mieten durch kommunalen Wohnbau“ regeln, welches von der SWG im Einvernehmen mit dem SWG-Beirat erarbeitet worden ist und dem Gemeinderat baldmöglichst erläutert und zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt werden möge.
Begründung:
Zur Verwirklichung des Gebots der Stunde - Versorgung breiter Bevölkerungsschichten mit bezahlbarem Wohnraum - ist es wichtig, Haushalte gerade auch und gerade im mittleren Einkommensbereich zu adressieren, für die Mieten zwischen ca. 7,50 und 10,00 EUR pro m² angemessen und "bezahlbar" sind.
Solche Haushalte der mittleren Einkommensgruppe fallen im mit öffentlichen Mitteln (zinsgünstigen Darlehen etc.) geförderten preisgebundenen Wohnraumsegment (mit Mietpreisbindung bis maximal 33% unter der ortsüblichen Vergleichsmiete, z.B. von 6,50 EUR pro m²) unter den Tisch. Denn die Berechtigung zum Bezug solchen preisgebundenen Wohnraums ist vom Einkommen der wohnungssuchenden Haushalte abhängig, d.h. an Einkommensgrenzen gebunden. Hinzu kommt, dass solche Haushalte der mittleren Einkommensgruppe in der Regel auch nicht in den Genuss von öffentlich gefördertem Wohnraum kommen können, der laut Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) nur an Berechtigte mit sog. „Wohnberechtigungsschein“ vermietet werden kann und darf, umgangssprachlich auch als „Sozialmietwohnungen“ bezeichnet. Neben dem Einkommen und der sozialen Bedürftigkeit ist dann zusätzlich auch die Wohnungsgröße eingeschränkt.
Konsequenz ist, dass viele Haushalte der mittleren Einkommensgruppen weder bei preisgebundenem Wohnraum mit Mietpreisbindung gemäß Ziff. 3. der Beschlussvorschläge und erst recht nicht bei „Sozialmietwohnungen“ zum Zuge kommen, sobald sie z.B. mit dem Familieneinkommen knapp über den jeweils einschlägigen Einkommensgrenzen liegen. Die aktuell hohen Mieten für Neubauten in Höhe der sog. „Kostenmiete“ (aktuell ca. 12 EUR pro m²) und der darüber hinausgehenden ortsüblichen Vergleichsmiete laut Mietspiegel und darüber können sich die Haushalte dieser mittleren Einkommensgruppen jedoch ebenfalls kaum leisten.
Deshalb ist es geboten und erforderlich, nicht nur das in Ziff. 3. des Beschlussantrags von der Verwaltung zu Recht Vorgeschlagene zu tun - signifikanten Anteil an preisgebundenem Wohnraum zu schaffen - sondern darüber hinaus auch das andere nicht zu lassen: Nämlich Wohnraum auch für die mittleren Einkommensgruppen zu schaffen, die andernfalls unter den Tisch zu fallen drohen. Denn je höher der „signifikante Anteil an zu schaffendem preisgebundenem Wohnraum“ mit Mietpreisbindung bis maximal 33% unter der ortsüblichen Vergleichsmiete auf einem Grundstück ausfällt, desto größer ist erforderliche der Quersubventionierungsbedarf durch die übrigen nicht preisgebundenen Wohnungen, die zwingend entsprechend oder vermietet oder gar verkauft werden müssten. Entstünden aber nur preisgebundene Wohnungen auf der einen und zwingend teurere Wohnungen auf der anderen Seite, fiele gerade das mittlere Preissegment aus.
Gerade weil die kommunalen Wohnungsbauunternehmen auf Grund ihres gemeinwohl-bezogenen Auftrags einen höheren Anteil an preisgebundenem Wohnraum und Sozialwohnungen schaffen sollen, müssen sie durch die Überlassung verbilligter städtischer Grundstücke in die Lage versetzt werden, auch das mittlere Preissegment zu bedienen.
Zur zügigen praktischen Entwicklung und Umsetzung ist es sinnvoll und zweckmäßig, die Erfahrung der kommunalen Wohnbauunternehmen wie der „städtischen“ SWG zu nutzen und die Details eines solchen „Ausgewogenen Konzepts und Angebots für bezahlbare Mieten“ im Gemeinderat vorzustellen, welches im Benehmen mit dem SWG-Beirat in den Grundzügen bereits entwickelt wurde und geeignet wäre, nicht allein für untere sondern auch für auch mittlere Einkommensgruppen Mieten nicht nur unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete laut Mietspiegel sondern für eine breitere Zielgruppe in einer breiteren ‚bezahlbaren‘ Größenordnung zwischen 6,50 EUR bis zu 10,00 EUR pro qm bereitzustellen.
Dieses Konzept im Gemeinderat vorzustellen und den Gemeinderat darüber beraten und beschließen zu lassen, ist bei der Schaffung bezahlbaren Wohnraums im Interesse der Bürger unverzichtbar. Verwaltung, Gemeinderat und die aus seiner Mitte in den SWG-Beirat entsandten Mitglieder gleichermaßen repräsentieren die Stadt Friedrichshafen in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin der SWG. Der Gemeinderat ist gleichzeitig die Vertretung der Bürger und das Hauptorgan der Gemeinde (§ 24 GemO). Er legt die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest und entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde außerhalb des Geschäfts der laufenden Verwaltung.
Vor diesem Hintergrund ist es angesichts der zu lösenden Aufgaben konsequent, angemessen und geboten, den kommunalen Wohnungsbauunternehmen städtische Grundstücke mit anteiligem Kaufpreisabschlag nicht allein für Schaffung klassischen öffentlich geförderten preisgebundenen Wohnraums laut Ziff. 3. Satz 2 der Beschlussanträge zugutekommen zu lassen sondern darüber hinaus auch für das mit dem Ergänzungsantrag Ziff. 4. vorgeschlagene – im Gemeinwohlinteresse sozial ausgewogene Ziel und Programm bezahlbaren Wohnraums auch für die Haushalte der mittleren Einkommensgruppen. Denn anders als private gewinnorientierte Bauträger vermieten die kommunalen Wohnungs-bauunternehmen in breiter Palette ebenfalls weit unterhalb der Kosten- und ortsüblichen Marktmiete, indem sie zu einem Großteil auf jegliche marktübliche Mietrenditen verzichten und – gemeinwohlorientiert - verzichten sollen. Die kommunalen Wohnungsbauunternehmen tragen dadurch signifikant zur Dämpfung des gesamten Mietpreisniveaus bei.
Wir werben deshalb aus Überzeugung um Unterstützung – liebe Kolleginnen und Kollegen - aller weiteren Fraktionen und Wählervereinigungen. Im Gemeinderat können wir damit gemeinsam eine wichtige Weiche für die soziale Ausgewogenheit stellen. Andernfalls verfehlen wir den Zweck und das – quer über alle Fraktionen dieses Gemeinderats für sinnvoll erachtete - Ziel „der Versorgung breiter Bevölkerungsschichten mit Wohnraum“.
Finanzielle Auswirkungen und Deckungsvorschlag:
Für die verbilligte Abgabe städtischer Grundstücke nebst Vergünstigung des Kaufpreises wurde bereits durch den GR-Beschluss zu DS 2015 /V 00345 eine gesonderte Finanzposition im städtischen Haushalt eingerichtet (vgl. Seite 9 der DS 2015 /V 00345). Die erforderlichen zusätzlichen Finanzmittel für die gebotene Anpassung und Erweiterung von "Baustein II" des GR-Beschlusses vom 02.03.2015 DS 2015 /V 00345 können durch die Entnahme aus der allgemeinen Rücklage, die zu erwartenden Verbesserungen im Jahr 2017 sowie für die Jahre ab 2018 im Rahmen der Haushaltsplanung 2018 ff gedeckt werden.
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen
Achim Brotzer
für die CDU Gemeinderatsfraktion: Hannes Bauer, Martin Baur, Franz Bernhard, Achim Brotzer, Norbert Fröhlich, Eduard Hager, Mirjam Hornung, Wolfgang Jägle, Bruno Kramer, Magda Krom, Daniel Oberschelp, Rolf Schilpp.