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Gemeinderat, 19. Dezember 2022

Haushaltsrede CDU Fraktion (Achim Brotzer, Vors.) zu den Doppelhaushaltsbeschlüssen 2023/24

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Sperrfrist, 19. Dez. 2022, 16:20 Uhr
- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Herren Bürgermeister, Mitarbeiter der Stadtverwaltung, Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat, liebe Bürgerinnen und Bürger, sehr geehrte Damen und Herren der Presse, 

kaum eine Weihnachtsgrußkarte dieser Tage ohne einleitende Worte auf die Krisen, die unsere Welt in Atem halten.    

Multipler Dauerkrisenmodus:

Corona kaum überwunden, schier unaufhörliches Stakkato sich überschlagender Negativmeldungen, fortschreitende Klimakatastrophe, geopolitische Interessengegensätze, Konfrontation mit Krieg inmitten Europas, Vertreibung, menschliches Leid.

Energieknappheit und sich abzeichnende Rezession gepaart mit Inflation. Alles, was davor schon teuer war, z.B. Investitionen in Digitalisierung und Klimaschutz, wird nun noch mehr kosten.

Die Baukosten gehen durch die Decke: Für Kindergärten, Wohnungen, Instandhaltung, Sanierung - der öffentlichen Hand geht es dabei nicht anders als privaten Häuslebauern, Vermietern und Mietern, die unter der Teuerung gleichermaßen leiden. Unberechenbar schwierige Aussichten für Unternehmen mit vielen Arbeitsplätzen, die für Ihre Wettbewerbsfähigkeit auf Energiepreise angewiesen sind, die weit unter dem gegenwärtigen spekulativ getriebenen Niveau liegen.

Das Leben wird horrend teurer, viele werden ärmer. Ökonomisch und gesellschaftlich. Hoffnung, dass es besser kommt, unser Sehnen nach einem Stück, ja nach Rückkehr von „Normalität“?

„Eher mit noch Schlimmerem rechnen…“, scheint vielen die realistischere Option …

Dass die alleinige Lösung darin liegt, vom Staat zu erwarten, dass er alles mit viel und noch mehr Geld regeln wird und niemand die Folgen dafür jemals zu fühlen bekommt, mag verführerisch klingen, kann falscher aber nicht sein. Der Staat, die öffentliche Hand, darf sich nicht überfordern. Darf nicht versprechen, was er nicht halten kann. Wir haben Ihre Worte im Ohr, Herr Oberbürgermeister!

Die Verwaltung versucht erkennbar, diesem Anspruch auf Erfüll- und Leistbarkeit der Versprechen gerecht zu werden. Bei Einbringung des Doppelhaushaltsentwurfs für 2023 und 2024 und die Finanzplanung darüber hinaus haben Sie, Herr Oberbürgermeister, es konkret gemacht.

Ihr Appell „Wir müssen ganz genau hinschauen, was wir leisten können ..“ zu den von der Verwaltung gesetzten Schwerpunkten findet dabei unsere grundsätzliche Unterstützung. Das zwingt statt politischer Profilierung zur Konzentration auf das Wesentliche.

Auch ich werde mich im Folgenden auf die wesentlichen Kernthemen aus Sicht unserer Fraktion beschränken. Und greife dazu zunächst als Prioritäten heraus, die auch von der Verwaltung gesehen werden, bevor ich auf unsere speziellen Anträge als CDU Fraktion eingehe.

- Investitionen in Bildung und Betreuung, In Kitas, Schulen, Sporthallen und den Bildungsstandort Fallenbrunnen.

- Die Daueraufgabe Klimaanpassung und Klimaschutz. „Pro Häfler und Jahr 100 Euro in den Klimaschutz. Dieses Ziel ist so klar wie richtig.

- Als massive Herausforderung der kommenden Jahre zeichnet sich seit längerem ab und wird auch künftig der dramatische Arbeitskräfte-mangel allerorten sein. Diesem dramatischen Personalmangel gilt es entschlossen zu begegnen. Motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen, zu halten und dauerhaft zu binden erfordert ein attraktives Arbeitsumfeld und angemessene Entlohnung. Die Erhöhung des städtischen Gesamtbudgets für Personal ist daher, zumal angesichts der Tariflohnsteigerungen, unvermeidbar. Die Anzahl 120 unbesetzter Stellen auch in der Stadtverwaltung spricht bereits für sich. Das bedeutet Mehrbelastung und Mehrarbeit für alle übrigen.

- Viele städtische Mitarbeiter arbeiten deshalb schon jetzt am Anschlag. Tendenziell wird die Lage eher noch schwieriger werden. Die Aufgabeninhalte werden immer komplexer. Bestehende und neue Pflichtaufgaben, zusätzliche Belastungen der Wohngeldstelle, Grundsteuer-Reform, Klimaschutz, Flüchtlingsunterbringung machen den zusätzlichen Personalaufbau unabdingbar.

- Richtig ist aber auch: Dass der bereits zu konstatierende massive Personalmangel von 120 unbesetzten Stellen auch zur Aufgabenkritik führt, ja führen muss, auch dies liegt auf der Hand. Wie und wo lässt sich verschlanken, wo muss der Personalaufbau ansetzen? Die Forderung des Personalrats nach 220 neuen Stellen, spricht eine deutliche Sprache. Die zu diesem Zweck geplante professionelle externe Organisationsuntersuchung halten wir dazu für vorgreiflich notwendig und richtig.

- Den Vorschlag der Verwaltung zur überbrückenden Schaffung eines Teilkontingents der am dringendsten notwendigen neuen Personal-stellen insbesondere in der Bauverwaltung und im IT-Bereich unterstützen wir ebenfalls.

Es muss und wird uns gelingen, einen Haushaltsplan aufzustellen, der diesen Umständen Rechnung trägt, ohne wichtige Aufgaben zu vernachlässigen. Die unbesetzten Stellen, der Befund der akuten Arbeitsüberlastung und die noch zu klärende Vielzahl an neuen Stellen allein schon zur Bewältigung der bereits vorhandenen Aufgaben zwingt uns zu der Einsicht:

- Jede Zusatzbelastung verschärft die vom Personalrat konstatierte und damit bedenkliche bestehende „strukturelle Überlastung“ der städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Noch so plausible „Herzenswünsche“ auch des Gemeinderats, die zur weiteren Überforderung und Überschreitung des Leistbaren führen, müssen vernünftigerweise eben auch einmal zurückstehen. Statt 25 Mio EUR an investiven Baumaßnahmen konnten schon bislang nur 16 Mio EUR umgesetzt werden, was die Thematik zusätzlich unterstreicht.

Den Haushalt mit Projekten vollzupacken, die nicht leistbar sind, war schon in der Vergangenheit Makulatur. Es ist Augenwischerei.

Wir sollten uns daher einig sein, dass nicht alles Wünschbare auch machbar ist. Jedenfalls nicht im ursprünglich beschlossenen zeitlichen Horizont. Manche Neujustierungen des Projektfahrplanes, um Vorrangiges zu ermöglichen und andernfalls vorprogrammierte finanzielle Schieflagen zu verhindern, sind nicht zu vermeiden.

Denn eines ist klar: Der Ergebnishaushalt ist „auf Kante genäht“.

Positiv für die Bürger ist: So gut wie keine Erhöhungen von Steuern, Gebühren oder Beiträgen. Das größte Risiko liegt im zunehmend unberechenbaren Tempo allfälliger Veränderungen.

Es hilft, dass wir in 2022 erfreulicherweise noch unerwartet gut dastehen, eine geplante Kreditaufnahme in 2022 konnte unterbleiben. Diese dient uns als Puffer ebenso wie die Rücklagen einschließlich jener der Zeppelin-Stiftung und der Ferdinand GmbH.

Nun zu den DHH-Anträgen der CDU Fraktion,

die die Verwaltung in den Ausschussberatungen erfreulicherweise überwiegend aufgegriffen hat und die auch die überwiegende Zustimmung der übrigen Fraktionen gefunden haben, wofür wir uns bedanken:

- Ein Herzensprojekt für die CDU ist die zeitnahe Sanierung der Mole des Gondelhafens. Dieses Filetstück der Uferpromendade soll für Bevölkerung und Gäste als erstes möglichst schnell wieder zur Verfügung stehen. Dann kann es weitergehen mit Sitzstufen Richtung Freitreppe und dem Beach Club.

- Den Franziskusplatz baldmöglichst zu begrünen, um dessen Aufenthaltsqualität deutlich zu steigern, ist uns ebenfalls wichtig.

- Unseren Antrag, die Ladeinfrastruktur für Elektroautos rasch auszubauen, ist aufgegriffen. Die Stadt einen lokalen Masterplan erarbeiten zu lassen, war Leitgedanke dieses Antrags und wir begrüßen, dass dies nun über die SWSee im städtischen Auftrag konkret erfolgen soll.

- Unser Antrag auf Prüfung der Einrichtung einer städtischen Stromcloud im Sinne der Einbeziehung sowohl städtischer als auch privater Gebäude wurde von der Verwaltung ebenfalls aufgegriffen.

- Höchste Dringlichkeit hat die baldige Schaffung neuer Sporthallenflächen in der Innenstadt, um den akuten Bedarf der beiden Gymnasien und des Vereinssports zu decken. Die vorgezogene Umsetzung des Neubaus der maroden Ailinger Rotachhalle dient ebenfalls diesem Zweck, zeitnah zusätzliche Sporthallenkapazität zu schaffen. Es ist deshalb richtig, den Neubau in Angriff zu nehmen. Eine Baurealisierung ist dort rasch möglich. Die alte Rotachhalle kann vorübergehend bis zum Abriss weiter genutzt werden, was die Sporthallensituation in der Kernstadt mit entlastet. Wir sehen uns insoweit mit dem Ortschaftsrat Ailingen (Antrag S 20) und der SPD / Die Linke (Antrag S 21) einig.

- Dass die Verwaltung das Thema mit einem Strategiepapier Campus Innenstadt und Sporthallen strukturiert aufgreift, mit dem Ziel, einen „Grundsatz- und Bedarfsbeschluss des Gemeinderats Campus Innenstadt“ im 1. Halbjahr 2023 herbeizuführen, begrüßen wir. Dies deckt sich mit unserem Antrag S 19, der jedoch noch weiter geht, weil wir darüber hinaus dafür plädieren, dass wir die schnellstmögliche Planung und Errichtung einer temporären Sporthalle für die Kernstadt umsetzen. Dem nicht mehr hinnehmbaren Mangel gilt es umgehend abzuhelfen. Schnellstens.

Dass es hier eines Interimsstandorts bedarf, sehen wir deshalb als zwingend an.

Die Verwaltung meint, dies sei entbehrlich. Wir meinen das nicht. 

Es gilt hier parallel zu dem von der Verwaltung entwickelten Strategiepapier nach einem Standort auch abseits des VfB-Stadiongeländes ggf. auch auf dem Parkplatz vor der alten Festhalle zu suchen und solches zu prüfen. Wir halten an diesem Antrag ausdrücklich fest, was wir im Wege einer getrennten Abstimmung über diesen CDU Teil-Antrag S 19, dort „Erstens: Planung und schnellstmögliche Errichtung einer temporären Sporthalle für die Kernstadt als Sofortmaßnahme“ zu berücksichtigen bitten.

Folgende Anträge werden wir als CDU Fraktion ebenfalls unterstützen:

- Anträge S 37 / S 38, Ortschaftsrat Kluftern: Querungshilfe Cafe Stock bereits im Jahr 2023 herstellen und Umgestaltung Ortsdurchfahrt Kluftern 2023 planen und ausschreiben, Umsetzung 2024, entgegen der ablehnenden Haltung der Verwaltung und trotz knapper mehrheitlicher Ablehnung durch den PBU am 06.12.22.

- Antrag Z 3, SPD / Linke laut Beschlussempfehlung KSA v. 07.12.22, Schulmuseum, entgegen der ablehnenden Haltung der Verwaltung. Auch wenn das Schulmuseum eine freiwillige Aufgabe der Zeppelin-Stiftung ist, halten wir es für ein schlechtes Argument, diese Maßnahme gegen die Pflichtaufgabe „Kita Guter Hirte“ in Stellung zu bringen. Das eine tun, das andere nicht lassen. Das Schulmuseum ist ein Aushängeschild unserer Stadt, was einer „Quasi“-Pflichtaufgabe gleichkommt.

Ich fasse zusammen und komme zum Schluss:

Die CDU-Fraktion stimmt dem Entwurf des Doppel-Haushaltsplanes für das Jahr 2023 / 2024 sowie dem Stellenplan 2023/2024 nach Maßgabe der Beschlussanträge zu.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mich im Namen unserer Fraktion bedanken.

Bei all den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für eine insgesamt ausgezeichnete Arbeit für alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt Friedrichshafe!

Ihnen, Herr Oberbürgermeister Brand, und unseren Dezernenten, Herren EBM Müller, Herrn Köster und Herrn Stauber ebenfalls unser Dank. Sie haben die Stadt mit steter Hingabe, Herzblut und Begeisterung gelenkt, selbstbewusst geleitet und dabei ganz hervorragend repräsentiert. Sie. Herr Oberbürgermeister Brand, vorbildlich jüngst sogar im Eurovisionsformat und sympathisch bei „Wetten, dass …!“.

Dank sodann an Kämmerei und Stadt- und Stiftungspflege – Ihnen Herr Schrode und Herr Schuster mit Ihren Mitarbeitern!

Für das Miteinander und die konstruktiven Diskussionen im vergangenen Jahr unser Dank auch den anderen Fraktionen!

Last but not least geht unser ausdrücklicher Dank auch an die Bürger, an alle Häflerinnen und Häfler, für das Verständnis, dass manches Herzensprojekt angesichts der Krisen zurückstehen muss!

Ihnen allen und ihren Familien wünschen wir ein gesegnetes Weihnachtsfest, erholsame Feiertage und einen guten und gesunden Start in das Jahr 2023. Das uns Zusammenhalt und Einheit und trotz aller Herausforderungen Licht und Hoffnung auf Frieden bereithalten möge.

Gottes Segen Ihnen allen!

Und vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Achim Brotzer

Für die CDU Gemeinderatsfraktion Friedrichshafen:     

Hannes Bauer, Dr. Martin Eble, Eduard Hager,
Martin Baur, Dr. Achim Brotzer, Mirjam Hornung,
Franz Bernhard, Norbert Fröhlich Bruno Kramer


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