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Gemeinderat, 24. Oktober 2023

Warum wir als CDU gegen die Flüchtlingsunterkunft "Müllerstraße/Jettenhausen" gestimmt haben!

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Die Gemeinderatsmehrheit von Grünen, SPD/Linke, Freie Wähler, Netzwerk, FDP und ÖDP hat am Montag, 23.10.23, die Anmietung eines Gebäudes des Investors "Betz Baupartner" auf dem Telekom-Areal in der Müllerstraße in Jettenhausen zum Zweck der Einrichtung einer Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge für die Mindestdauer von 5 Jahren beschlossen. 

Als CDU Fraktion haben wir die Anmietung abgelehnt und dies ausführlich begründet.
Hier der Bericht der Schwäbischen Zeitung:


"Wohnraum für Geflüchtete
Die Gemeinschaftsunterkunft kommt - warum die CDU dagegen ist


Im C-Gebäude des Post-Areals werden Wohnungen für Geflüchtete eingerichtet. (Foto: Ralf Schäfer)

Während der Infoabend zur Unterkunft hitzig verlief, ging es im Rat ruhig zu. Wie auf dem Areal künftig Integration und Betreuung ablaufen sollen, erklärten die Bürgermeister.

Veröffentlicht: 24.10.2023, 15:00 Uhr
Von: Ralf Schäfer

Gegen die Stimmen der CDU und bei einer Enthaltung ‐ ebenfalls aus Reihen der CDU ‐ hat der Gemeinderat am Montag die Einrichtung einer Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge auf dem Telekom-Areal in der Müllerstraße in Jettenhausen beschlossen. Die CDU lehnte das Haus zwar ab, begründete das aber detailliert und nannte auch die Voraussetzungen, unter denen sie zugestimmt hätten.

Oberbürgermeister Andreas Brand legte schon im Vorfeld Wert darauf, dass die Debatte um die Einrichtung sich nicht mit der Flüchtlingspolitik des Bundes, sondern nur mit der Notwendigkeit einer Einrichtung in Friedrichshafen befasse. Eine Debatte aber gab es in der Sitzung nicht mehr. 

Das ist geplant
Die Stadt mietet von Betz Baupartnerbeteiligungen GmbH, die auf dem Telekom-Areal ein Wohnbauprojekt plant, das Gebäude für fünf Jahre. Das ist wegen der steigenden Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge in Friedrichshafen notwendig geworden. Gemietet wird für fünf Jahre, sollte dann ein Baubeginn des Wohnprojektes der Betz Baupartnerbeteiligungen GmbH noch nicht absehbar sein, kann das Mietverhältnis verlängert werden.

Die Zahl der Geflüchteten, die von der Stadt untergebracht werden müssen, liegt bei derzeit 1243, davon sind 630 Menschen vor dem Krieg in der Ukraine geflohen. Die Stadt ist für die Geflüchteten zuständig, die ihr Asylverfahren abgeschlossen haben oder bereits über zwei Jahre hier leben. Bei den Ukrainerinnen und Ukrainern ist das anders, weil die meistens direkt in die Stadt kommen und nicht über die Landes-Erstaufnahme und den Landkreis der Stadt zugewiesen werden. 

Konzept funktioniert nicht
Bisher verfolgte die Stadt Friedrichshafen mit Erfolg die dezentrale Unterbringung. Das aber funktioniere laut Oberbürgermeister Andreas Brand aufgrund immer weniger frei werdender Wohnungen und der steigenden Flüchtlingszahlen kaum noch. 

Bürgermeister Dieter Stauber erklärte Einzelheiten. Die neue Gemeinschaftsunterkunft werde mit zwei halben Stellen vor Ort versorgt werden. Die Mitarbeiter übernehmen dort eine Betreuung der Menschen und kümmern sich um gegebenenfalls auftretende Probleme. Die Stadt wolle nicht nur die Unterbringung, sondern auch die Integration und die Betreuung der dort untergebrachten Menschen gewährleisten, so Andreas Brand. 

Ein Runder Tisch mit Anliegern und Nachbarn aber auch ehrenamtlich Engagierten soll schon vor Inbetriebnahme eingerichtet werden. Das Haus soll im ersten Quartal 2024 bezogen werden können.

Achim Brotzer (CDU)
Für die CDU begründete Fraktionschef Achim Brotzer die Entscheidung seiner Fraktion. Er zitierte dazu zunächst Papst Franziskus, der 2017 zum Thema Migration und Flüchtlinge Stellung bezog. „Es braucht einen gemeinsamen Einsatz für Migranten, Vertriebene und Flüchtlinge, damit ihnen eine würdige Aufnahme geboten werden kann“ Der Papst habe aber auch von Integration der Migranten in das Sozialgefüge, gesprochen, die geschehen müsse, ohne dass „Sicherheit, kulturelle Identität und sozialpolitisches Gleichgewicht gefährdet“ würden. Brotzer stellte die Frage nach dem „sozialpolitischen Gleichgewicht“ und verwies mit mehreren Zitaten auf die Notwendigkeit eines langfristig tragbaren Rahmens für das Thema. 

Er führte aber auch den Investor und Bauherrn an, und stellte in Frage, ob „der eigentlich dringend benötigen Wohnraum erstellen kann und will, aber die günstige Gelegenheit sieht und ergreift, eine ,Zwischenfinanzierung’ durch Vermietung zwecks Flüchtlingsunterbringung zu generieren?“

Auch für Achim Brotzer sind all die, die sich um Flüchtlinge kümmern, aktuell am Limit. Die dezentrale Unterbringung in Friedrichshafen funktioniere nicht mehr, weil kein Wohnraum vorhanden sei, „Wohnraum, den alle Bevölkerungskreise gleichermaßen händeringend benötigen“.

Es dürfe nicht Strategie der Stadt sein, alle Asylbewerber, ukrainische Flüchtlinge, obdachlose Menschen künftig mangels individuellen Wohnraums auch gleichermaßen mangels anderer Möglichkeiten in immer mehr und immer weiteren, zusätzlichen Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen. 

Neben der Benennung von Sorgen und Gedanken über das Gesellschaftsgefüge, den Überforderungsanzeichen des Systems, und Sicherheitsbedenken wegen einer nicht bekannten Entwicklung der Migrationszahlen nannte Brotzer diese Debatte über die Migration „ein Gebot der Vernunft und Gebot der Stunde im Interesse der Humanität und Menschlichkeit gegenüber denjenigen, die ein Anrecht auf Asyl haben“.

Die CDU-Fraktion will unterscheiden „zwischen denen, die vielleicht persönlich gute Gründe haben, in Deutschland leben zu wollen, aber kein Recht dazu und jenen, die tatsächlich Anspruch auf Asyl haben, zumal wir geregelte und gesteuerte legale Zuwanderung brauchen“. Damit begründete er die ablehnende Haltung der CDU zu der Gemeinschaftsunterkunft. Asylbewerber dürften nur und erst dann auf Kreise und Gemeinden verteilt werden, wenn diese ein gesichertes Bleiberecht hätten. Und er schloss auch wieder mit einem Papst-Zitat. „Migranten sind Personen mit Namen, Geschichten und Familien. Ein kluger Ansatz seitens der Vertreter des öffentlichen Lebens besteht nicht in der Durchführung einer Politik der Ausgrenzung von Migranten, sondern vielmehr in einem weisen und weitsichtigen Abwägen, inwieweit das eigene Land in der Lage ist, den Migranten ‐ vor allem wirklich schutzbedürftigen ‐ ein würdiges Leben zu bieten, ohne dabei das Gemeinwohl der Bürger zu schädigen.“ (...) 

Alle übrigen Fraktionen stimmten dagegen für den Verwaltungsvorschlag, das Vermietungsangebot des Investors "Betz Baupartner" zur Einrichtung der Flüchtlingsgemeinschaftsunterkunft in der Müllerstraße anzunehmen.  

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